Seminar Sozialpsychologie, 14. 01. 1999
Referent: Tobias Elze
Untersuchungen zum Paradigma der spontanen Attributionen
I. Was sind spontane Attributionen?
Weiner, B. (1985): «Spontaneous» causal thinking. Psychological Bulletin, 97, 74-84
Spontan: i. S. v. nicht-reaktiv, ohne Aufforderung
II. Untersuchung von Möller 1993
Möller, Jens (1993): Zur Ausdifferenzierung des Paradigmas «Spontane Attributionen»: Eine empirische Analyse zeitlich unmittelbarer Ursachenzuschreibungen. Zeitschrift für Sozialpsychologie 1993, 129-136
1. Intention und vorangegangene Forschungsergebnisse
Spontan i. S. V. zeitlich unmittelbar folgend à Ausdifferenzierung des Paradigmas
2. Vorgehen und Erwartungen
Untersuchungsmaterial: Videoaufzeichnungen von Live-Berichterstattungen der Olympischen Sommerspiele 1988 in Séoul
Parallel: ARD/ZDF und DDR-Fernsehen
Sechs Rater: attributive Äußerungen identifizieren
Anschließend Zuordnung derer zu den Polen der Dimensionen Lokation (internal vs. external) und Stabilität (stabil vs. variabel); bei deutschen Sportlern: Kontrollierbarkeit
Erfassung von Sendesystem, Herkunftsland der Sportler und Valenz des Leistungsergebnisses (positiv oder negativ)
Vorhersagen:
1) besonders bei positiv bewerteten Aktionen mehr internale als externale Attributionen; self-serving bias: Erfolge des eigenen Sportlers vermehrt internal
2) Kommentare situationsbezogen à Überwiegen variabler Zuschreibungen; positive eher stabil, negative Leistungen eher variabel
3) häufigeres Vorkommen nicht-kontrollierbarer Ursachen; negative Leistungen vermehrt nicht konntollierbar, positive eher kontollierbar
4) obige Effekte v. a. im DDR-Fernsehen zu DDR-Athleten, da "die staatlich vorgegebene Funktion der Sportberichterstattung (vgl. Pirner, 1986) eine positiv gefärbte Kommentierung nahelegt."
3. Resultate
Lokation:
84.7 % internal
nach positiven Leistungen: 91.9 %, nach negativen: 73.2 %; c ˛ = 444.9, df=1, p<.001
alles signifikant
Stabilität:
70.0% variabel
negative Leistungen: 85.5% variabel, positive: 60.4%; c ˛ = 498.87, df=1, p<.001
ARD/ZDF Í DDR-Sportler und DDR-TV Í BRD-Sportler: nicht signifikant
Kontrollierbarkeit:
44.8% kontrollierbar
negative Leistungen: 38.7% kontrollierbar, positive: 48.6%; c ˛ = 20.5, df=1, p<.001
signifikant nur bei DDR-TV und DDR-Sportler
Auswertung:
Häufig Attributionen unmittelbar nach Ereignissen à Ausdifferenzierung des Paradigmas macht Sinn
Tendenz zu internaler Attribution besonders ausgeprägt (Ross 1977: fundamentaler Attributionsfehler)
III. Experiment von Köller und Möller 1996
Köller, Olaf & Möller, Jens (1996): Auslösende Bedingungen spontaner Attribution: Die Rolle des experimentellen Settings. Zeitschrift für Sozialpsychologie 27, 283-289
- Als Begründung für Attributionen oft negative Ergebnisse und Erwartungswidrigkeit angenommen
- 2 Untersuchungen mit gegensätzlichen Ergebnissen:
- Bohner, G., Bless, H., Schwarz, N. & Strack, F. (1988): What triggers causal attributions? European Journal of Social Psychology 18, 335-345
- negative Rückmeldung à mehr Attributionen; Erwartungswidrigkeit kein Eifluß
- Kanazawa, S. (1992): Outcome or expectancy? Antecedent of spontaneous causal attribution. Personality and Social Psychology Bulletin, 18, 659-668
- Erwartungswidrigkeit à mehr Attributionen; Valenz kein Einfluß
Resultate:
in realer Situation: Befunde von Bohner et al. (1988) repliziert
Kanazawa (1992) konnte nicht repliziert werden: keine Effekte der Erwartungswidrigkeit
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